Villa Buth bei denkmal aktiv
Die Villa Buth als "unbequemes Denkmal"
Gefördert und unterstützt wird der Projektkurs von denkmal aktiv, hinter der die Deutsche Stiftung Denkmalschutz steht. Im Verbund mit dem Kaiser-Karl-Gymnasium Aachen und dem Gymnasium Zitadelle in Jülich sprechen wir die Notwendigkeit des Erhalts von Zeugnissen aus der NS-Zeit an. Wir beschäftigen uns mit Denkmalen, um in der Anschauung der konkreten Bauten Wissen über die Ereignisse und Folgen des Nationalsozialismus in der Region zu erlangen - anstatt, wie es oft geschieht, solche Orte im Alltag unkommentiert zu lassen, sie zu vernachlässigen oder die mit ihnen verknüpften Ereignisse auszublenden.
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Unter dem Verbundtitel „Unbequeme Denkmale der Vergangenheit, die nicht vergeht“, bringen das Heilig-Geist-Gymnasium Würselen als federführende Schule den Beitrag „Villa Buth – Zwischenstation zum Holocaust“, das Gymnasium Zitadelle aus Jülich den Beitrag: „Der jüdische Friedhof von Inden – Pier und der Kampf gegen das Vergessen“ und als weitere federführende Schule das Kaiser-Karl-Gymnasium in Aachen den Beitrag „NS-Bauten in und um Aachen – in Kooperation mit dem Erinnerungsort Vogelsang“ ein.
Die Auseinandersetzung mit dem Nationalsozialismus ist eine der zentralen Aufgaben nicht nur des Geschichtsunterrichts, auf dem die drei Projekte des Verbunds basieren, sondern bleibt wie die Erinnerung an diese Zeit, an ihre Ursachen und ihre Folgen, ein unverzichtbarer Bestandteil historischer Aufklärung und politischer Bildung der heranwachsenden Generation in unserer demokratischen Gesellschaft, die sich zwar die Auseinandersetzung mit ihrer nationalsozialistischen Vergangenheit zum Bestandteil ihrer Identität gemacht hat, sich aber wieder vermehrt mit Tendenzen der Verdrängung, Verharmlosung und des aufkommenden Nationalismus konfrontiert sieht.
Der Titel „Vergangenheit, die nicht vergeht“ macht klar, dass die Verarbeitung und Bewältigung der Vergangenheit ein unabgeschlossener Prozess ist, für den sich die Projektthemen des Verbundes anbieten. Daher ist für alle drei Verbundpartner auch die Frage relevant, wie seit Ende des 2. Weltkriegs mit den Orten und Bauten verfahren wird.
Die Beschäftigung mit dem weitgehend unbekannten und aus dem öffentlichen Bewusstsein ausgeblendeten jüdischen Friedhof von Inden - Pier durch Schüler des Gymnasiums Zitadelle der Stadt Jülich führt vor Augen, dass Juden vor Beginn der nationalsozialistischen Machtübernahme integrierte Mitglieder der Gesellschaft waren, dass sie zur Zeit des Nationalsozialismus diskriminiert und vertrieben wurden und dass ihr Leid und die Verbrechen, die an ihnen verübt wurden, der Verdrängung und dem Vergessen anheimfielen. Das wird durch den Zustand des jüdischen Friedhofs symbolisiert, mit dem sich seit Beginn des Holocausts bisher kaum beschäftigt wurde. Durch die Pflege und möglicherweise Restaurierung einiger Gräber, durch die Erforschung und Aufarbeitung der Geschichte des Friedhofs und dessen Rekonstruktion können die Schüler einigen dort Begrabenen wieder einen Namen bzw. ein Gesicht geben und sie und ihre Nachfahren, die im Holocaust umgekommen sind, wieder ins Gedächtnis der Gegenwart zurückrufen.
Können die Jülicher Schüler durch die Beschäftigung mit dem jüdischen Friedhof erkennen, dass Juden fester Bestand der Gesellschaft vor dem Beginn der NS-Zeit waren, so setzen sich die Schüler des Heilig-Geist-Gymnasiums Würselen anhand der Dokumentation der Ereignisse in der Villa Buth mit dem Ausschluss der Juden aus der Gesellschaft bis zur Deportation und Vernichtung im Holocaust auseinander. Die Tatsache, dass die Villa Buth das Ortsbild des Dorfes Kirchberg prägte (und heute noch prägt), lässt die Schüler erkennen, dass die Ausgrenzung von Juden Teil des Alltags im Dritten Reich war, und dass Deportation der Juden nicht unbemerkt bleiben konnte. So unbequem die Anerkennung dieser Tatsache war und heute noch ist, so unbequem ist auch das Denkmal „Villa Buth“, deren Existenz in der Öffentlichkeit auch in der Gegenwart weitgehend verdrängt oder nicht wahrgenommen wird, deren Vergangenheit als zentrale Sammelstelle für alle Juden des Jülicher Landes noch weitgehend unbekannt ist, und deren Existenz durch fortschreitenden Verfall bedroht ist. Das Projekt kann möglicherweise letztmalig eine Dokumentation des Gebäudezustands leisten.
Einer vergleichbaren Verdrängung und damit Bedrohung unterliegen auch die NS-Bauten im Raum Aachen, die durch Schüler des Kaiser-Karl-Gymnasiums thematisiert werden. Sie haben sich zur Aufgabe gemacht, gerade die jüngeren Generationen, Jugendliche und junge Erwachsene auf die Existenz und Bedeutung von Bunkern und Wallanlagen aufmerksam zu machen, die auf das katastrophale Ende bzw. Ergebnis der NS-Zeit hindeuten, den 2. Weltkrieg, und dennoch oder gerade deswegen als „Unbequeme Denkmale“ aufgefasst werden. Selbiges gilt für Bauten wie das HJ-Heim in Aachen-Burtscheid sowie die NS-Ordensburg Vogelsang, deren Aufgabe es war, die NS-Ideologie in Köpfe der Menschen zu verpflanzen. Obwohl die NS-Ordensburg einer breiteren Öffentlichkeit bekannt gemacht wurde, scheint dies an der Wahrnehmung gerade der Jugendlichen vorbei gegangen zu sein.
Somit erlaubt die Arbeit der Verbundschulen einen multiperspektivischen Blick auf die Geschehnisse in der NS-Zeit, an die uns diese unbequemen Denkmale erinnern. Kann der jüdische Friedhof als Ort des Gedenkens an die Opfer gelten, so kann die Villa Buth als Gedächtnisstätte für die Verbrechen fungieren, die durch das NS-Regime an der jüdischen Bevölkerung verübt wurden, sowie auf das Verhalten und Handlungsspielräume der „unbeteiligten“ Bürger des Dritten Reichs aufmerksam machen, die in ihrem Alltag mit Verbrechen konfrontiert waren, diese aber verdrängten. Die NS-Bauten im Raum Aachen lassen sich größtenteils als Orte bezeichnen, die zur Auseinandersetzung mit den „Tätern“ auffordern. Ein enger thematischer Zusammenhang zwischen den Projektthemen ist somit ebenso gegeben wie die Tatsache, dass sich die Projekthemen gegenseitig ergänzen.